Comicschau

LTB Crime 2


Cover LTB Crime 2 - Micky und Goofy in schicken Anzügen als Detektive

Cover LTB Crime 2

312 S., 9,95 €

Das Cover ist… es ist einfach da. Mehr nicht. Es gibt einige tolle Zeichner von Mauscovern, Andrea Freccero gehört nicht dazu. Ich finde Micky und Goofy hier viel zu unsympathisch gezeichnet. Dazu wirkt die Prägung (zumindest bei meinem Exemplar) etwas “verrutscht”. Aber weiter zum Inhalt.


Der Raub des Jahrtausends

Teil 1 bis 10

*staun* Eine Menge Teile, wa? Darkenblot 2 und 3 hatten nur je vier Teile… diese sind aber deutlich kürzer, nämlich jeweils 10 Seiten, bis auf den ersten und letzten (je 30 Seiten). Das gibt insgesamt 140 Seiten, die definitiv nicht alltäglich sind. Silvia Ziche ist Autorin und Zeichnerin, und deren Stil sollte ja bekannt sein.

Es geht damit los, dass Kater Karlo (nach einer irren Verfolgungsjagd) festgenommen und für einen ungeheuerlichen Plan zum “Raub des Jahrtausends” angeklagt wird. Trudi kidnappt mal eben Micky und versucht ihn davon zu überzeugen, dass ihr “Katerchen” unschuldig ist. Aber als Micky ihr schließlich glaubt, glaubt ihm wiederum niemand mehr, und die Geschichte wird immer haarsträubender…

Wenn Ziche sowohl für Story als auch Zeichnungen verantwortlich ist, kann man sich auf jede Menge Humor freuen. Sowohl in den teilweise wirklich absurd übertriebenen Gesichtsausdrücken als auch in der Szenerie (man beachte die Hühner und Schafe), aber auch in Plot und Dialogen findet sich einiges zum Schmunzeln, Grinsen und Laut-Lachen. Die Gagdichte ist einfach enorm hoch, teilweise kippt die Handlung schon ins Absurde. Auch der Einfluss von Zeitungsstrips wie “Garfield”, “Peanuts” oder “Calvin & Hobbes” ist in Ziches Zeichnungen deutlich spürbar, z.B. wenn ein genervter Gesichtsausdruck mal eben sechs Mal hintereinander wiederholt wird. Das bedeutet auch, dass die Bilder relativ simpel sind, ohne viel Hintergrund, aber es stört nicht, da die wichtigsten Elemente eigentlich immer da sind. Nur ab und zu sind mir die Figuren doch etwas zu verzerrt (das Phantom mit Riesenzähnen…). Bemerkenswert ist noch die schattierte Kolorierung und der Einsatz von verschiedenfarbigen Tuschestrichen bei einigen Hintergründen – ein Stilmittel, das zu dieser Zeit in einigen wenigen besonderen italienischen Geschichten wie dem langen, bei uns leider noch unveröffentlichten Donni “Paperino paperotto e la strada per Quacktown” oder “Ultrahelden” verwendet wurde und recht schön anzuschauen ist. Übrigens: Vergleicht mal Karlos Unterschlupf mit der Darstellung Giorgio Cavazzanos in “Der Raub der Queen Antonia” (LTB 405, S. 200). Verblüffend, nicht?


Was den positiven Gesamteindruck aber etwas trübt, und dafür sorgt, dass ich den “Raub des Jahrtausends” nicht ganz in der Preisklasse “Meisterwerk” einsortieren will, sind einige Konstruktionsprobleme der Story. Erstens leidet der Fluss ein wenig unter den vielen Cliffhangern. Wären es nur vier bis sechs Teile, könnte die Geschichte sich vielleicht etwas weniger hektisch entwickeln. Wenn man einen derart verwickelten Fall thematisieren will, muss die Logik auch wasserdicht sein. Das ist sie über weite Strecken auch, aber eben nicht immer. So ist mir am Ende immer noch nicht klar, was vor Beginn der Story nun eigentlich genau abgelaufen ist. Durch den Twist am Ende wird ja klar, dass weder die in der Pressekonferenz nach Karlos Festnahme geäußerte Mutmaßung noch Trudis Version stimmen können. Ärgerlich finde ich die vielen Kurzschlüsse. Daphnes Aussage zu Beginn von Teil 4 müsste doch eigentlich die Gesamtlage drehen, da sie zumindest bezeugen kann, dass Karlo Komplizen hatte. Dass Daphne Karlo im Museum geholfen hat, hat wiederum die Lehrerin gesehen. Trotz dessen glaubt Hunter Micky nicht (der im Übrigen reichlich leichtsinnig vorging: Eine Video- oder Briefbotschaft hätte ihn nicht so sehr gefährdet), und auch auf den Gerichtsprozess scheint sich dieses Indiz nicht auszuwirken!

Meine anderen beiden Kritikpunkte beziehen sich auf das Figurenpersonal. Kralle als kriminelles Genie – okay. Aber dermaßen wenig familiäre Loyalität hat man von Kralle, der immerhin Karlos Vetter ist, noch nie gesehen, und ich glaube nicht, dass das Romano Scarpa (Kralles Erfinder) gefallen hätte. Micky eröffnet die Story zwar mit einem unglaublich beherzten Einsatz, wo er nach dem Schreckensschrei der im Museum als Geiseln gehaltenen Schulkinder heldenhaft eingreift und Karlo bis zur körperlichen Erschöpfung jagt, aber im weiteren Verlauf ist er fast die ganze Zeit nur noch Trudis Anhängsel. Eigentlich ist Trudi die wahre Heldin, auch wenn sie das Geflecht der Geschichte ebenfalls nicht durchschaut. Die Auflösung findet am Ende statt, ohne dass Micky besonders viel dafür getan hätte.

Insgesamt sicher ein Lesetipp und eine der längsten wie ungewöhnlichsten Geschichten, die in letzter Zeit bei uns erschienen ist. An “Daisy von Duckenburgh” (LTB Royal 1) reicht “Der Raub des Jahrtausends” aber in meinen Augen nicht ganz heran.


Duck’scher Geheimdienst: Falsche Wahl

Wieder ein DGD-Einseiter, wieder nix. Also quasi “falsche Wahl”… Bemerkenswert im nach wie vor recht männerdominierten Comiczirkus: Mit Silvia Ziche (Autorin & Zeichnerin), Monica Manzoni (Autorin), Giada Perissinotto (Zeichnerin) und Lara Molinari (Zeichnerin) sind gleich vier Frauen in dem Band “am Stück” vertreten.

Spezialagent Franz Gans

(ursprünglich aus LTB 414)

Hier noch mal die Geschichte, wie Franz Gans Agent bei der G.A.G. (“Garantiert astreiner Genuss”), einer Spezialeinheit der Polizei, geworden ist. Es hat mit einem Schlaumeier zu tun, der Torten produziert. Leider haben die beim Bürgermeister eine allergische Reaktion hervorgerufen. Um nun einer Strafe zu entgehen und sein Geschäftsmodell zu retten, schleust der Chef von “Schlaumeier” einen Mitarbeiter bei der G.A.G. ein und gibt den Testern Torten, die nicht aus seiner Fabrik stammen…


Klar, für eine Lebensmittelkontrollbehörde gibt es niemand Geeigneteren als Franz. Und als einmalige Geschichte ist es ja auch ganz nett (inklusive Lara Molinaris lebendigen Zeichnungen), zumal die Problematik durchaus ernst ist: In unserer Nahrung ist oft nicht das drin, was wir denken, und manchmal sogar etwas, was da gar nicht drin sein sollte. Eine ganze Serie daraus zu machen, finde ich aber unnötig. Und warum muss diese dann im LTB Crime erscheinen, wo es doch viele Geschichten gäbe, die viel schwieriger anderswo unterzubringen wären? Den Platz könnte man deutlich besser nutzen, z.B. für mehr von Kommissar de Mauss. Den Anspruch, nur wirklich relevante Highlights zu kompilieren, hat das Crime jedenfalls so nicht dem Galaxy voraus. Das Konzept von LTB Fantasy und History bleibt unerreicht (man stelle sich vor, diese Reihen wären ebenfalls von Ehapa zusammengestellt worden – Alptraum!).

O geliebte Zelle…

Kater Karlo erweist sich im Gefängnis als deutlich verwöhnter, als man denken mag. Seine Zelle ist voller Annehmlichkeiten. Als er jedoch erfährt, dass er sich die Zelle mit dem Schwarzen Phantom teilen soll, bekommt er Panik und verschenkt seine ganzen Luxusgüter, da er annimmt, dass der sich ansonsten über ihn lustig machen würde…

Ja doch, recht vorhersehbar. Aber auch ganz witzig, und Francesco D’Ippolitos Zeichnungen gefallen mir hier sogar recht gut. Auch in Italien scheint man sich manchmal nicht sicher zu sein, was man eigentlich mit dem Phantom machen soll. Das dürfte einer der seltenen Fälle sein, in denen es sogar im Knast seine Kutte anhat…


Ärgerlich, dass selbst bei wirklich bekannten Charakteren die deutschen Namen offenbar nicht sattelfest sitzen, denn Trudi heißt hier plötzlich wie im Original “Trudy”. Langsam reißt’s ein…

Kommissar de Mauss: Der Fall der Textblätter

Die Pilotfolge von Kommissar de Mauss hat mir ja ganz gut gefallen, aber diese Geschichte fällt trotz recht hübscher Zeichnungen von Marco Gervasio (auch wenn er zu dieser Zeit noch stark Mastantuono kopiert hat – aber alleine dieser Hund mit Brille auf S. 202!) deutlich im Vergleich ab. Dabei ist die Idee ja eigentlich interessant: In Paris tauchen plötzlich Laubblätter mit Hilferufen auf. Mick de Mauss kommt mit seinen Ermittlungen aber auf keinen grünen Zweig. Erst, nachdem die Textblätter in der Stadt bereits einen neuen Trend ausgelöst haben, kommt er hinter die Sache.

Tja, de Mauss’ Fähigkeiten als Detektiv scheinen wohl doch nicht so sagenhaft zu sein, denn er hätte den “Fall” schon viel früher klären können, wenn er der Hinweisgeberin Marie Marplé genauer zugehört hätte. Die Spannung hält sich sehr in Grenzen. Goofotte sagt auf S. 202: “Mir ist langweilig. Hier passiert nichts.” Und ich kann ihm nur beipflichten. Überhaupt ist er diesmal auch nur Beiwerk und stört mit den allzu unglaubwürdigen Verwandlungen diesmal eher, als dass er die Handlung vorantreiben würde (wie noch bei “Ein prominenter Fall”). Insgesamt eine Geschichte, die mich trotz des herzigen Schlusses eher enttäuscht hat. Mit “Crime” ist es hier nicht weit her. (Die Botschaft ist aber nach wie vor wichtig. Ich erlebe gerade in meiner direkten Umgebung, wie immer mehr Grün verschwindet…)


Spezialagent Franz Gans: Achtmalacht gleich Dreiundsechzig

Schon wieder GAG, diesmal immerhin eine Erstveröffentlichung. Diesmal treffen zwei aufeinander, die sich trotz aller Unterschiede in einem Punkt ähneln: Franz Gans und Achtmalacht, der verfressene Hund der Panzerknacker. Achtmalacht hängt sich an die Agenten der GAG dran, weil es bei denen immer viel zu futtern gibt (wovon Franz im Übrigen überhaupt nicht begeistert ist). Die Panzerknacker merken, dass das nicht von Nachteil sein muss. Denn auf die Weise könnte man an den Sultan von Ali-Ment-Ar und seinen Smaragd herankommen. Dann stellt sich heraus, dass der Sultan immer mit 62 (!!) Stellvertretern reist, die alle aussehen wie er, und einen falschen Smaragd am Turban tragen…

Es ist schon ein Kreuz mit den GAG-Geschichten. Alessandro Perinas knuffige, sympathische Zeichnungen sind wunderbar anzusehen, und trotzdem will ich einfach nicht warm werden damit. Obwohl viele witzige Ideen dabei sind (die falschen Smaragde), obwohl der Plot nicht vorhersehbar ist, obwohl die Panzerknacker sich für ihre Verhältnisse recht geschickt anstellen… aber es bleibt alles immer irgendwie harmlos. Und letztlich wäre die Geschichte in der Hauptreihe besser aufgehoben gewesen als im LTB Crime.

Die unfassbaren Panzerknacker: Perfekt geplant

Glaubt zumindest Opa Knack. Einseiter.


Das verzögerte Telefonat

(ursprünglich aus LTB 165)

Zwei Nachdrucke pro Band – das scheint die Produktformel zu sein. Und genauso wie bei LTB Crime 1 ist auch hier der eine Nachdruck “okay” (und aus der LTB-Neuzeit), der andere ein atmosphärisches Meisterwerk aus der klassischen Ära. “Das verzögerte Telefonat” gehört zu den wenigen Maus-Comics, die nicht von Casty stammen und dennoch immer wieder mal in den Top 100 des Inducks auftauchen – und zwar zu Recht! Giorgio Cavazzanos Zeichnungen evozieren eine tolle Stimmung: Wie er das verregnete Entenhausen in Szene setzt, ist mindestens genauso beeindruckend wie die absolut souveräne Darstellung der Haupt- und Nebenfiguren (alleine Plutos Gesichtsausdrücke!). Aber auch die Inszenierung von Autorenlegende Silvano Mezzavilla ist einfach super – viele wortlose Panels, harmonische Schnitte, eine langsame Auflösung und Aufklärung der Ereignisse und Micky in seinem Element als brillant kombinierender Hobbydetektiv. Dass das tatsächliche Geschehen ein bisschen unrealistisch ist, fällt dabei gar nicht so sehr ins Gewicht. Alleine die Stimmung der Geschichte und die recht drastische Darstellung der Entführung rechtfertigen den Nachdruck im Crime.

Obwohl mir mittlerweile ein nicht ganz unwesentlicher Logikfehler auffällt (wie kann man denn in den Telefonhörer sprechen, wenn niemand abnimmt, bzw. wenn beim Notruf jemand abnimmt, wie kann dann der gesamte Anruf nie ankommen?), verliert die Geschichte nicht wirklich viel Glanz. Allerdings finde ich das ursprüngliche Seitenlayout in LTB 165 (wo die Titelseite links war, jetzt ist sie rechts) irgendwie besser und natürlicher. Normalerweise fällt mir so etwas gar nicht auf, aber gerade diese Geschichte hat teilweise sehr schön arrangierte Seiten, und irgendwie sind die Cliffhanger jetzt nicht mehr an den richtigen Stellen. Das hätte man ganz einfach beheben können, wenn man den Einseiter hinter die Geschichte geschoben hätte…


Duck’scher Geheimdienst: Ein prickelnder Auftrag

Noch einmal DGD. Die Geschichte ist zwar nicht so behämmert wie die in Band 1, aber so belanglos, dass ich sie nach dem Lesen immer sofort wieder vergesse!

Es geht um prickelnde Dinge wie Rasierwasser und… nun ja… Kakteen (!), und immerhin ist der Schluss nicht so vorhersehbar wie sonst oft. Trotzdem nicht wirklich prickelnd, obwohl ich Valerio Helds Zeichnungen eigentlich ganz gerne mag.

Auch hier fällt mir schon wieder auf, dass die Cliffhanger oft in der Seitenmitte sind! Und auch hier hätte man das Problem leicht beheben können, indem man den letzten Einseiter vorgezogen hätte…


Verbrecher und Verbrechen: Zu Tisch

Noch ein mäßiger Einseiter mit auch eher mäßigen Zeichnungen.

Fazit

Die Meinungen gehen auseinander. Ist LTB Crime 2 besser als die erste Ausgabe der Reihe? Es hängt sicher davon ab, wo man die Prioritäten setzt. “Der Raub des Jahrtausends” ist eine Geschichte im großen Format, und immerhin schon über zehn Jahre alt (mehrere weitere lange Ziche-Geschichten warten aber noch deutlich länger auf eine deutsche VÖ – “Topokolossal”, “Il papero del mistero” und “Il grande splash” sind alle aus den Neunzigern). Aber die Redaktion macht in meinen Augen ihren üblichen Fehler (ähnlich wie z.B. bei LTB 491), einem solchen Brocken kaum geeignete Gegengewichte entgegenzusetzen, und dadurch wirkt der Band zu unbalanciert. Wer Ziches eigenwilligen Stil nicht mag, der findet wohl kaum triftige Gründe, trotzdem LTB Crime 2 zu kaufen. Allenfalls “Das verzögerte Telefonat”, aber dieser Klassiker ist ja schon lange bekannt. Deswegen ist in meiner Bewertung dieser Band auch klar schwächer als Band 1, den ich deutlich “runder” finde. Ich hoffe weiterhin, dass in den restlichen Bänden nur noch Highlights kompiliert werden (ähnlich wie im Fantasy), aber das scheint man bei Ehapa aus mir unersichtlichen Gründen ja nicht zu wollen, obwohl es am Material ja nicht mangeln würde…


★★★★

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Spectaculus

Ich lese Comics, seit ich denken kann - oder vielleicht sogar noch länger.
Ansonsten bin ich ein großer Musikfan und mache mir ständig Gedanken über alles und jeden.

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